Gedanken zur menschlichen Umnachtung – und eine Petition

Ich sehe ein Bild von vier Affen. Also zunächst sehe ich drei, es sieht für mich aus wie eine Familie: Vater, Mutter, Kind. Ein (vermeintlicher) Elternteil hat ein Kind auf dem Schoß, beschützend umarmt, Blick nach unten zum Kind, resigniert, sorgenvoll, wissend, dass nichts Gutes mehr kommt. Für sie nicht, für das Kind nicht. Neben den beiden, eng zusammengerückt, der andere erwachsene Affe, auch den Kopf nach unten geneigt, die Augen geschlossen, erschöpft, wissend – und dann, auf den zweiten Blick, sieht man da noch eine Affenkinderhand hervorluken, auch dieser Affe hat also noch ein Kind auf dem Schoß, hat es völlig bedeckt, hofft vielleicht, es schützen, es verstecken zu können? Wahrscheinlich nicht. Diese Familie weiß, das sie verloren ist, da bin ich mir sicher. Sie sitzen in einem Käfig auf blankem Metall. Und warten auf den Tod bzw. auf das Schlimme, was davor passiert – mit ihnen, mit den Babys. Was das ist? Ich weiß es nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, bei Tierversuchen zu sterben.

Ich teile die Petition bei facebook, damit auch andere gegen diese Versuche an Primaten unterschreiben können. Ich scrolle weiter runter und sehe eine Kuh, die mit abgehackten Beinen bei lebendigem Leibe und bei vollem Bewusstsein gehäutet wird. Ich teile dieses Bild nicht. Obwohl es manchem vielleicht endlich als Antwort reichen würde auf die Frage, warum ich kein Leder mehr kaufe. Aber da sind all die anderen, die wie ich schon ihre Konsequenzen gezogen haben und sich dieses Bild dann auch anschauen müssen. Es reicht, dass mein Abend heute ein trauriger sein wird. Ein Abend, an dem ich mich weinend entschuldige bei allen Geschöpfen, denen so unermessliches Leid zugefügt wird von Menschen. Ein Abend, an dem ich verzweifelt versuche, ihnen dennoch gute Energie zu senden, damit sie ihr Leid besser ertragen, weil ich in diesem Moment nicht mehr tun kann, weil ich mich nicht selber vergiften will mit Hass auf andere Menschen, weil er mich auf Dauer lähmen würde, ich nicht mehr hilfreich sein könnte – und weil es nicht an mir ist, zu verurteilen.

Unglaubliches Leid verursacht von Menschen, weil es Geld bringt, weil es schick aussieht – und der süßen Ferkelnase, die auf dem nächsten Posting durch dicke Gitter schnüffelt, wird unsägliches Leid beschert, weil „es“ schmeckt.

Manchmal poste ich auch die Bilder der direkten Gewalt, wie das von der Kuh aus Indien – trotzdem. Manchmal muss es sein – um Fragen zu beantworten, wenn Worte es nicht konnten. Auch ich brauchte einst manchmal erst ein Bild. Obwohl ich es eigentlich wusste. Aber heute entscheide ich: die Affenfamilie reicht. Und sie dient dazu, eine Petition zu unterschreiben. Gegen gehäutete Kühe gehe ich vor, indem ich kein Leder mehr kaufe (da muss man erstmal drauf kommen..!). Und gegen eingesperrte Ferkelnasen lege ich mein Veto ein, indem ich mich nicht dazu auserkoren fühle, alles in mich hineinstopfen zu dürfen, bloß weil es schmeckt.

Was soll ich sagen? Verzeiht uns, denn wir wissen nicht, was wir tun? Nichtmal damit kann ich mich trösten. Denn wir wissen es ja. Und kein mir bekanntes Tier verhält sich so. Auch bei Fleischfresser und Gejagtem in sogenannter freier Wildbahn haben beide bis zuletzt ihr natürliches Leben gehabt – der Jäger jagt aus Hunger (und nicht aus Gier oder Hobby) und bis zum letzten Moment hat in der Regel auch das Fluchttier eine Chance, denn es liegt in seiner Natur, das ihn jagende Tier, also den natürlichen Feind, abzuhängen – und den gesunden, jungen, starken Tieren gelingt das auch meistens.

Sogar diese Chance hat der Mensch eleminiert. Indem er plant, erfindet, manipuliert und kontrolliert. Und sich freut über seine Intelligenz. Herzlichen Glückwunsch, Mensch, zu deiner Menschlichkeit. Und gute Nacht. Vielleicht wachst du ja morgen auf.

Zur Petition gegen die Versuche an Primaten in der Europäischen Union geht es hier.

 


4 Gedanken zu “Gedanken zur menschlichen Umnachtung – und eine Petition

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