Nicht nur in Berlin, auch in München ist es für einen Veganer nicht immer leicht, sich zu entscheiden, in welchem Restaurant er sich nun verwöhnen lassen möchte. Wir haben gerade fünf Tage im Juni in dieser bunten, entspannten Stadt verbracht, in der südländische Sorglosigkeit und preußische Genauigkeit eine interessante Ehe zu führen scheinen. Blitzblanke Straßen wechseln sich ab mit gelben von der Sonne porös gewordenen Mauern und alten Hinterhöfen, an den Fußgängerampeln wird vorbildlich gewartet, in den Cafés unaufgeregt geplaudert, die Menschen sind freundlich und gleichzeitig launisch, es vermischt sich Pflichtbewusstsein mit Gleichmut, in der Feldherrenhalle stehen ein preußischer Löwe und ein bayrischer, deutsche Beurteilungssucht und italienisches Dolce Vita vermischen sich auf interessante (und sicher nicht immer konfliktfreie) Weise.
Zu einem gelungenen Städtetrip gehört natürlich eine gute tägliche Basis: das Essen. Wir hatten ein Hotelzimmer in der Nähe des Bahnhofs und konnten in allen Himmelsrichtungen mindestens ein rein veganes Restaurant fußläufig erreichen. Doch auch bei herkömmlichen Restaurants und Ketten habe ich fast immer ein veganes Gericht auf der Karte entdecken können – im Vorbeilaufen meist, denn warum sollte ich in einer Stadt mit veganer Gourmetküche Kompromisse eingehen? In München konnten wir auch kulinarisch mal richtig auf den Putz hauen und sogar das Tor von Deutschland gegen Nordirland mit einem zünftigen Löwenbräu zu den veganen Ravioli im Restaurant Bodhi in der Ligsalzstraße herbeizittern, welches wir aufgrund des sehr herzlichen Services und eines ebenso köstlichen Mahls gleich zweimal besuchten.
Näher an Bahnhof und City entdeckten wir das Max Pett in der Pettenkoferstraße, auch mit einem überaus leckeren Speisenangebot (beim Entdecken half uns wie immer neben der Vorab-Recherche die HappyCowApp), welches durchgehend geöffnet ist und somit auch einfach mal zum Nachmittagskaffee mit einer tollen Tortenauswahl glänzen kann. Nicht weit entfernt davon, nämlich in der Sonnenstraße und gleich neben einem der zahlreichen Alnatura-Supermärkte Münchens gibt es ein kleines, aber feines Café, welches mit einem Yogastudio verbunden ist: das Rebella Bex Café, hier erwarteten uns eine nette Auswahl an Gerichten zum Frühstück oder Lunch, fairer Kaffee und ayurvedischer Tee, überaus freundliche Menschen hinter der Theke sowie meine Rettung am Morgen: ein frischer, grüner Wildkräutersmoothie, für mich das beste Frühstück und vor allem eine gute Basis, wenn man sich den Rest des Tages bis spätabends durchs vegane München schlemmt.
Vom Viktualienmarkt aus kann man einen schönen „veganen Spaziergang“ machen in Richtung Gärtnerplatz und in der Klenzestraße im Tushita-Teehaus eins der täglich wechselnden Mittagsgerichte zu sich nehmen, Kuchen essen und ganz viel Tee trinken. Von dort ist es dann auch nicht mehr weit zum veganen Supermarkt Veganz *) der genauso wie das in den selben Räumen liegende Bistro Goodies *) aus Berlin importiert ist, in dem wiederum vom Smoothie über’s belegte Brötchen bis hin zur Torte alles zu haben ist, was das Herz eines Veganers auf der Suche nach einem Snack höher schlagen lässt (falls nun überhaupt noch Platz ist im Bauch). Wenn nicht, kann man im Veganz für später was einkaufen :) Fast um die Ecke, nämlich in der veganen Boutique Dear Goods Am Glockenbach kann dann auch noch der Kleiderschrank mit dem ein oder anderen erlesenen Teil komplettiert werden.





























Wer den Englischen Garten durchstreift hat (und das sollte unbedingt jeder tun, der bei Sonne in München weilt), kann von dort aus die Ludwigstraße in Richtung Uni-Viertel überqueren. Hier empfehle ich für den Hunger zwischendurch das LostWeekend in der Schellingstraße, eine tolle Mischung aus einer sehr zum Stöbern einladenden Buchhandlung, Veranstaltungslocation und veganer Cafeteria mit Sandwiches, Kuchen, Sweeties und mehr. Wem das nicht reicht, oder wer nicht so gern zwischen den Macbooks konzentrierter Studenten und Büchern sitzen mag, der laufe weiter bis in die Türkenstraße, genieße die quirlig-entspannte Studentenatmosphäre, die mit dem Schicki-Micki-Vorurteil, welches viele Menschen aus dem Norden von München haben (die oft interessanterweise noch nie dort gewesen sind), überhaupt nichts zu tun hat. In der Türkenstraße gibts auch wieder viele Kneipen, Cafés und Restaurants, sehr empfehlenswert ist hier das Gratitude, welches ich noch von meinen letzten München-Besuchen kenne, diesmal jedoch leider zur falschen Stunde dort war, um lunchen zu können. Ein paar Straßen weiter soll es auch noch eine vegane Eisdiele namens Ice Date geben, aber trotz der Verlockung einer Erfrischung: wir konnten einfach nicht mehr – die Füße waren müde und wir genossen es, uns einfach ins nächst gelegene Straßencafé zu setzen, Wasser zu trinken, die Beine von uns zu strecken, die Hitze zu genießen und das emsige aber angenehm unaufgeregte Münchner Treiben an uns vorüberziehen zu lassen.
Ich liebe es, in München zu sein. Diese Stadt bietet (bis auf die Ladenöffnungszeiten) alle Vorteile einer Großstadt, gleichzeitig ist es auch einem Fremden fast unmöglich, sich ernsthaft im Citybereich zu verlaufen; es gibt also immer irgendetwas, was man tun kann, egal ob kulturell, naturell, historisch, sportlich, feierlich oder auch kulinarisch interessiert – ebenso wäre es möglich, spontan aus dem Zug zu steigen und ohne Plan die Innenstadt zu erkunden und kennenzulernen: Stachus, Marienplatz, Viktualienmarkt, Platzl, Odeonsplatz werden einem fast automatisch offenbart, ein Gang durch den Hofgarten vorbei am Haus der Kunst, an dessen Rückseite man draußen sitzend in der Goldenen Bar die bombastische Architektur auf sich wirken lassen kann sowie weiter an der Surferwelle am Eisbach in den Englischen Garten, ein Stück die Isar entlang und zurück zum Beispiel wie oben beschrieben über das Univiertel – und schon hat man einen guten Überblick über den Aufbau der Münchner Innenstadt, hat imposante Gebäude gesehen, viel Grün, einen Wasserfall, viele Cafés, vielleicht ist man auf dem Weg auch ins ein oder andere Museum eingekehrt oder hat ein bisschen Kirchenluft geschnuppert – man hat den Marienplatz mit dem wirklich imposanten Neuen Rathaus überquert, möglicherweise Am Platzl ins Hofbräuhaus geschaut, am Odeonsplatz die Feldherrnhalle fotografiert.
Überall gibt es verdeckte Ecken zu entdecken, historisch oder malerisch, rausgeputzt oder abgeblättert – und während man für ein paar Tage Berlin in Ermangelung einer einzigen attraktiven Stadtmitte, um die herum man sich bewegen könnte, entweder schon vorher ungefähr wissen sollte, wo man hin will oder aber jemanden kennen sollte, der sich auskennt (und dann ist auch Berlin natürlich unschlagbar!), kann man, in Münchens City ausgesetzt, einfach drauflos marschieren und wird immer irgendetwas Interessantes, Imposantes und Schönes erblicken. Alles ist fußläufig erreichbar, doch für den Fall, dass die Schuhsohlen zertanzt, die Füße müde, die Sonne zu heiß oder der Rückweg doch zu weit ist, gibt es natürlich auch eine U-Bahn. Oder, ganz was Feines aber etwas kostspieliger: eine Fahrrad-Rikscha. Und falls es regnet und man keine Lust auf Museum hat, setzt man sich halt mit einem Buch in eins der zahlreichen Cafés oder aber „besichtigt“ eine Einkaufs-Passage nach der anderen ;) die sind nämlich recht flächendeckend über und unter der Innenstadt verteilt. Essen kann man auch dort überall ganz gut, Ketten wie MyIndigo oder Kaimug bieten gute vegane Optionen an.
Eher (noch) nicht so vegan, aber für einen frischen Kaffee mit Tageszeitung in netter Atmosphäre in der Münchner City meine persönlichen Favoriten am Morgen: bei schönem Wetter das Café Tambosi am Odeonsplatz *) – und bei Regen oder im Winter das Le Copain in der Hofstatt-Passage.
Und falls man das Münchner Umland ohne Auto erkunden will, lohnt sich auf jeden Fall eine Fahrt mit der Regionalbahn zum Starnberger See. Wir sind bis Tutzing gefahren, dort gibt es meines Wissens noch kein veganes Restaurant, jedoch einen Biomarkt in Bahnhofsnähe mit Tischen draußen, frischem Kaffee und in der Bäckereitheke den ein oder anderen veganen Kuchen oder Strudel, auch ein Brötchen kann man sich belegen oder schmieren lassen mit zum Beispiel einem der dort erhältlichen veganen Brotaufstriche. Alles sehr familiär, freundlich und unkompliziert, einfach fragen! Für 23 Euro gab es übrigens für die Fahrt mit der Bahn ein Gruppentagesticket, welches wir dann anschließend noch bis zum nächsten Morgen um sechs Uhr für die öffentlichen Verkehrsmittel in München nutzen konnten, sodass wir am Mittwoch Abend nach einem Tänzchen Salsa unter freiem Himmel im Diana-Tempel des Hofgartens auf dem Heimweg unsere Füße in der U-Bahn ausruhen konnten.
Inzwischen sind wir wieder in Göttingen, die Füße haben sich erholt und somit könnten wir gleich schon wieder loslaufen – durch München zum Beispiel. Und pausieren: im Bodhi, Max Pett, Rebella Bex oder Lost Weekend. Zum Beispiel. Denn die Möglichkeiten für einen Veganer in München sind reichlich und vermehren sich rasant. Wir freuen uns aufs nächste Mal – am liebsten wären wir freilich gleich da geblieben :)
*) Update Juni 2017:
Veganz in München mit dem Bistro Goodies musste leider schließen. Nach meinen Informationen waren die Probleme die nicht zentrale Lage, die gleichzeitig schlechten Parkmöglichkeiten und der allgemeine Trend veganer Läden, zu schließen, weil vegane Lebensmittel inzwischen in den meisten Supermärkten gut (und natürlich günstiger) erhältlich sind. Letzteres ist natürlich schade für die Pioniere, jedoch eine gute Nachricht, was die vegane Entwicklung allgemein angeht.
Ja, und das Tambosi, es ist ein Jammer (obwohl dort nur der Kaffee vegan war ;) ). Es war immer unser erstes Ziel am Morgen: einen Kaffee in den etwas in die Jahre gekommenen aber immer noch eleganten Stuhlreihen sitzend mit Blick auf die Feldherrenhalle genießen – und dann weitersehen. Momentan ist es eine Baustelle. Einen echten Ersatz habe ich bisher nicht gefunden, also mal schauen, wie es dort weitergeht, mehr dazu in diesem Artikel.
Tolle Eindrücke von unserer wunderschönen Stadt! :)
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ja, vielen Dank – ich liebe diese Stadt :)
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