bedingungslose Liebe

Kann/darf/sollte man überhaupt als Veganer einen Mischköstler, Omni, Fleisch(fr)esser lieben? Über diese Frage stolpere ich immer öfter im Zusammenhang mit Liebesbeziehungen. Also im Zusammenhang mit Liebe. Deshalb habe ich die Frage auch immer noch nicht richtig verstanden, glaube ich. Oder besser gesagt, die Art von Beziehung, die hinter dieser Frage steckt. Das meine ich nicht böse, ich bin im Gegenteil fasziniert davon, dass manche Menschen offenbar planen können, in wen sie sich verlieben.

Ob es dabei um vegan oder nicht geht, um links oder rechts, um Sport oder Couch, um zu alt mit zu jung, um zu klein mit zu groß, um zu schwarz mit zu weiß – ich fand es schon immer irgendwie exotisch, wenn jemand im Vorfeld einer Liebesbeziehung Gesinnungen, Finanzen, Religion und Interessen abklärte. Es ist sowas wie eine arrangierte Ehe, bloß dass man sie selber arrangiert mit Abhakliste und Gesamtpunktzahl. Und danach erst lässt man sie frei fliegen, die Schmetterlinge im Bauch? Also ich habe nie nachvollziehen können, wie das geht trotz einer gewissen Bewunderung. Bei mir ist die Reihenfolge immer ganz, ganz, ganz andersherum… dass ich verliebt bin, merke ich nämlich genau daran, dass mich scheinbare Widersprüche nicht stören. Oder zumindest erstmal nicht.. Für mich sind Beziehungen der irdische Weg zu wachsen. Und wie soll ich an jemandem wachsen, den ich mir vorher schon zurechtgestrickt und passend gemacht – oder nur in bestimmten Kreisen bewusst ausgesucht habe?

Sind es nicht gerade die scheinbar unüberwindbaren Gegensätze, die durch Liebe eben doch überwunden werden? Und ich meine nicht durch romantische Illusionen über den anderen oder gar die Erwartung, der andere müsse sich nun für mich ändern – sondern durch das Vertrauen, dass ich mich in jemanden nicht aus Versehen verliebe, sondern gerade genau den Widerstand brauche, den er mir liefert. Nicht „ich liebe dich, weil…“ sondern „…., weil ich dich liebe.“ Und was gibt es zum Beispiel Besseres, um bedingungslose (!) Liebe zu üben, als sich als Veganer zum Beispiel in einen Fleischesser zu verlieben (und umgekehrt..)? Lebt nicht Entwicklung davon, dass verschiedene Gesinnungen sich verbinden? Ist es nicht gerade die Liebe, die immer wieder Grenzen überwunden hat? Und ganz nebenbei: die vegane Idee voller Liebe in eine bis dahin veganfreie Zone zu tragen, ist ja auch nicht unbedingt ohne ;) Wenn alle immer von vorneherein unter sich bleiben, wie sollen dann gesellschaftliche Veränderungen auf organische Weise stattfinden?

Ich meine damit aber nicht, dass nicht auch zwei Veganer ein Superpärchen abgeben können, da wird sich dann eben an anderen Themen in der Beziehung entwickelt ;) – es geht hier lediglich um die Frage, ob wir mit dem Kopf eingreifen sollten, wenn wir bereits verliebt sind. Und ich meine natürlich auch nicht, dass man nicht glücklich werden kann, wenn man alle Eventualitäten in einer Beziehung vorab klärt. Zumindest habe ich davon gehört.


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